Donnerstag, 28. August 2014

Auf Besuch in Rostow am Don - Teil 4 (an der Grenze)

Einige Zeit hat es gedauert, aber nun haben wir es geschafft, unsere ersten Interviews mit Flüchtlingen aus der Ukraine zu übersetzen und hochzuladen. Die folgenden Videos wurden am 9.8.2014 am Abend am Grenzübergang Gukovo aufgenommen.

Wir haben uns etwa eine Stunde am späten Abend dort aufgehalten, und konnten selbst um diese Zeit beobachten, wie zahlreiche Flüchtlinge über die Grenze gekommen sind. Meistens handelte es sich um Frauen mit ihren Kindern. Zwei davon haben wir interviewt (vergesst nicht dass ihr deutsche Untertitel aktivieren könnt):

Sonntag, 24. August 2014

Geht es in der Ukraine auch um Schiefergas?

Bei unseren Gesprächen in Rostow am Don sind wir mehrfach mit dem Gerücht konfrontiert worden, dass es beim Bürgerkrieg im Donbass nicht ganz zuletzt auch um Schiefergas geht. Tatsächlich besitzt die Ukraine die drittgrößten unkonventionellen Gasvorkommen in ganz Europa. Auf dieser Karte, die wohl für potentielle Investoren ins Netz gestellt wurde, sieht man sehr schön, wo die Felder liegen:

Wenn man sich nun noch in Erinnerung ruft, dass vor Kurzem Hunter Biden, der Sohn des US-Vizepräsidenten eine Spitzenposition beim ukrainischen Gasproduzenten Burisa angenommen hat, ergibt sich insgesamt ein sehr unschönes Bild.

Sicher folgt aus dem eben gesagten nicht, dass es im Ukraine-Konflikt primär um Schiefergas geht, aber ganz ausblenden sollte man diese Komponente auf jeden Fall nicht.

Mittwoch, 20. August 2014

Auf Besuch in Rostow am Don - Teil 3

Mittlerweile sind wir seit etwa einer Woche wieder zu hause, und haben begonnen, die etwa 35GB an Videos und Fotos, die wir zwischen dem 8. und 14. August im Oblast Rostow gemacht haben, zu verarbeiten. Unsere ersten beiden Posts aus Rostow findet ihr hier und hier.

In diesem Post wollen wir euch Anna aus Rostow am Don vorstellen. Sie arbeitet im sehr empfehlenswerten Caffee Piccolo. Wer in Rostow ist und Süßgebäck mag, sollte unbedingt dort hinschauen!

Anna ist 18 und hat gerade ihre Matura gemacht. Sie hat an der Schule deutsch gelernt, und außerdem drei Monate in Deutschland gewohnt. Wir haben sehr viel mit ihr über die politische Situation in der Ukraine und in Russland gesprochen, und fanden es sehr interessant was sie uns gesagt hat. Ausschnitte davon wollen wir euch im folgendem vorstellen:

Anna stellt sich vor und berichtet von ihren persönlichen Erfahrungen mit Flüchtlingen aus der Ukraine.

Anna erzählt über ihre Tante aus der Ukraine, die in einem Flüchtlingslager bei Kiew wohnt.

Anna erzählt von ihren Verwandten auf der Krim und schwärmt von Sochi.

Anna erzählt über ukrainische Fernsehkanäle.

Anna erzählt über Beschuss von russischem Territorium aus der Ukraine.

Anna über Stalin.

Anna über Putin.

Anna erzählt über Sanktionen gegen Obama.

Mittwoch, 13. August 2014

Auf Besuch in Rostow am Don - Teil 2

Heute ist unser vorletzter Tag in Rostow am Don. Alle die unseren ersten Bericht noch nicht gelesen haben, können das hier tun.

Gestern haben wir einen halben Tag im БСМП2, dem größten Unfallkrankenhaus in Rostow, verbracht, und dort mit fünf verwundeten Kämpfern der sogenannten Separatisten gesprochen. Wir haben ein Video-Interview und vier Audio-Interviews gemacht (die meisten wollten aus naheliegenden Gründen ihr Gesicht nicht zeigen). Drei der Kämpfer mit denen wir gesprochen haben waren aus der Ukraine, zwei davon aus Russland. Alle hatten nahe Verwandte in der Ukraine, und alle haben sehr glaubwürdig betont, dass sie für ihr Engagement kein Geld bekommen haben. Die Kämpfer mit denen wir gesprochen wurden ohne Ausnahme in der Region um Luhansk verwundet. Sie wurden vor einer bis drei Wochen mit schweren Verletzungen eingeliefert, und waren bereits wieder in mehr oder weniger gutem gesundheitlichen Zustand. Außerdem wurde uns von zwei Kämpfern auf der Intensivstation berichtet, die noch in Lebensgefahr waren. Einer der Verwundeten hat uns erzählt, dass bis vor kurzem, nur einen Stock unter ihnen, auch verwundete Soldaten der ukrainischen Armee behandelt wurden.

Юрий, einer der verwundeten Kämpfer auf seinem Zimmer im Krankenhaus
Dieser Splitter wurde aus dem Bein eines Kämpfers entfernt

Einer der Kämpfer war früher Journalist, und hat uns verschiedene Dinge gezeigt, die sie von der ukrainischen Armee, bzw. der Nationalgarde und dem rechten Sektor, erbeutet haben. Wir können nicht kontrollieren ob das stimmt, neigen aber dazu den Aussagen zu glauben.

Diese Journalistenausweise wurden bei Kämpfern des rechten Sektors gefunden. Die andere Seite der Ausweise mit Bildern und persönlichen Angaben, wollen wir hier aus Respekt vor diesen Menschen, deren Schicksal wir nicht kennen, nicht veröffentlichen.
Ein Messer und ein Abhörgerät, so wie Nationalgarde und rechter Sektor es verwenden.

Die Interviews sowie weitere Informationen veröffentlichen wir, sobald wir mit dem Schneiden und Übersetzen fertig sind.

Sonntag, 10. August 2014

Auf Besuch in Rostow am Don - Teil 1

Heute ist unser dritter Tag in Rostow am Don, der Hauptstadt von Südrussland, die etwa 80km von der ukrainischen Grenze entfernt ist. Wir haben zwei Flüchtlingslager, sowie den Grenzübergang bei Gukovo besucht. Dort haben wir mit vielen Menschen gesprochen und jede Menge Fotos und Videos gemacht. Den größeren Teil unseres Materials werden wir nach unserer Reise veröffentlichen, aber hier sind vorab schon einmal ein paar Bilder:

Zusammengefasst haben wir in den letzten Tagen folgendes gelernt:

  • Die ukrainische Armee, bzw. mit ihr verbündete Verbände, scheinen die Bevölkerung im Osten ganz gezielt zu vertreiben. Viele haben es überhaupt nur mit Hilfe der im Westen meist verteufelten Selbstverteidigungsgruppen in die russischen Lager geschafft, da vor der ukrainischen Armee niemand sicher ist. Das mag unglaublich klingen, aber genau das haben uns die Flüchtlinge wieder und wieder erzählt. Der Westen unterstützt hier schwere Kriegsverbrechen.
  • Die Lager selbst sind sehr gut organisiert und wirken sauber.
  • Westliche Journalisten scheinen die Lager größtenteils zu meiden. Wenn sie kommen, so hat man uns erzählt, dann bestenfalls um ein paar Fotos zu machen. Den Kontakt zu den Menschen suchen sie nicht.
  • Die OSCE wird von den Flüchtlingen als nicht objektiv angesehen. Die Beobachter würden, teilweise mit Hilfe von Bodyguards, niemanden an sich ran lassen, und die Menschen die sich eigentlich beobachten sollen, stets auf Distanz halten. Viele denken, dass sie berichten was EU und USA hören wollen. Falls sich die Gelegenheit ergeben sollte, werden wir versuchen eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen von OSCE Beobachtern einzuholen.
  • Der Konflikt in der Ukraine ist für Russland, anders als für Westeuropa oder gar die USA, ein sehr persönlicher. Sehr viele Menschen, nicht nur hier in Rostow am Don, sondern in ganz Russland, haben Verwandte, Freunde oder Bekannte in der Ukraine. Man will seine "Brüder" nicht im Stich lassen, und findet das Verhalten des Westens zum Großteil befremdlich. Das Verhalten Russlands in diesem Konflikt auf Putin zu reduzieren kann falscher nicht sein.
  • Es gibt tatsächlich Russen, die in der Ukraine an der Seite der Regierungsgegner kämpfen. Das sind aber soweit wir sehen konnten keine von Putin geschickten Spezialtruppen, sondern Freiwillige aus verschiedenen Lagern (zum Beispiel Kosaken). Der wesentliche Teil der Kämpfer wird aber von Einheimischen gestellt.
  • Die sogenannten Separatisten sind keine einheitliche Gruppe, sondern untereinander zerstritten. Luhansk wird zum Beispiel von zwei Fraktionen kontrolliert. Eine davon wird von Bolotov angeführt, bei der anderen handelt es sich um Kosaken.
  • Wir konnten eine verstärkte Präsenz des russischen Militärs auf den Straßen in der Nähe zur Grenze feststellen. Ob es sich dabei um in der gegebenen Situation vollkommen legitime Defensiveinmaßnahmen handelt (auch Österreich hat z.B. während des Jugoslawien Krieges Truppen an die Grenze verlegt), oder dahinter auch andere Absichten stehen, können wir nicht beurteilen.